Weißer Grad

Mit dem weißen Grad schließt sich der Kreis. Er vereinigt alle Prinzipien und Praktiken der farbigen Grade. Sein Horizont sind alle Bausteine zusammen. Wer den weißen Grad erreicht hat, arbeitet ständig an allen Facetten des Wertesystems. Da solche gleichschwebende Aufmerksamkeit jedoch schwer herzustellen ist, erwarten wir, dass der Clean Code Developer nach einiger Zeit wieder mit der Arbeit im Gradesystem von vorne beginnt.

Indem er nach 21 Tagen wieder beim roten Grad beginnt, kann er sich in seiner täglichen Praxis etwas mehr auf einen Ausschnitt des Wertesystems konzentrieren. Das dient der Verfeinerung der Anwendung der Aspekte der einzelnen Grade. Beispiel: Die Praktik der Versionskontrolle ist nicht binär. Wer sie vom roten Grad an im Einsatz hatte, reizt sie nicht unbedingt aus. Wenn er vom weißen zum roten Grad zurückgeht, gibt er sich die Chance, in der Wiederholung tiefer in die Versionskontrolle einzusteigen. Es gibt kein Prinzip, keine Praktik, die nicht davon profitieren würde, sich ihr in wiederholten Durchläufen des Gradesystems nocheinmal zu widmen.

Die Rückkehr vom weißen zum roten Grad ist für uns auch Ausdruck für das Verständnis, dass Iterationen nicht nur eine Praktik für Softwareprojekte sind. Iterationen definieren vielmehr das Grundmuster des Lernens. Lernen passiert in Schleifen und braucht die Wiederholung.

Darüber hinaus halten wir das Abstreifen des weißen Armbands zugunsten des roten für einen Akt der Bescheidenheit und Demut. Damit wollen wir dem CCD-Wertesystem keine spirituelle Dimension hinzufügen, sondern lediglich offensichtlich machen, dass Softwareentwicklung ein sich ewig drehendes Rad des Lernens ist. Wer glaubt, am Ende angekommen zu sein oder überhaupt ankommen zu können, der erliegt einer Illusion. Wer hingegen auf weiß wieder rot folgen lässt, der ist sich des Lernkreislaufs bewusst.

Wie schon an anderer Stelle erwähnt stellen die Grade keine Bewertung dar. Wer am blauen Grad arbeitet ist nicht besser als derjenige, der am orangen Grad arbeitet. Die Grade teilen das gesamte Wertesystem nur in Häppchen ein und bringen sie in eine Reihenfolge, der zu folgen wir für einfach halten. Insofern gibt ein Entwickler, der erfolgreich am weißen Grad gearbeitet hat, nichts auf, wenn er wieder bei rot beginnt.

Wem das dennoch nicht schmeckt, der kann die „bunten Grade“ auch in beliebiger Reihenfolge wiederholen. Er kann sich für einen gewissen Zeitraum vornehmen, seine Aufmerksamkeit auf die Aspekte irgendeines Grades zu wenden. Wieder beim roten Grad zu beginnen stellt lediglich sicher, dass in der Folge alle Aspekte eine Vertiefung erfahren.

Weiter geht es mit dem roten Grad.